Beschwerden sind für Unternehmen ein wertvoller Schatz, denn sie liefern wichtige Hinweise auf Fehlerquellen und Verbesserungspotenziale – das Ziel „Null Beschwerden“ ist daher weder realistisch noch sinnvoll.

In dieser Podcastfolge beschäftigt sich Dr. Oliver Ratajczak mit der Frage, ob es für Unternehmen sinnvoll ist, ein Ziel von „Null Beschwerden“ und „Null Fehlern“ auszurufen – inspiriert durch ein Interview mit einem neuen Verantwortlichen der Deutschen Telekom, der sich dieses Ziel gesetzt hat. Dr. Ratajczak zeigt sich überrascht und kritisch gegenüber dieser Ambition, denn aus seiner langjährigen Praxiserfahrung weiß er: Beschwerden sind ein wertvoller Informationsschatz und liefern zahlreiche Ansatzpunkte, um die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu steigern.

Er berichtet, wie er bereits seit dem Jahr 2000 an echten Kundenbeschwerden gearbeitet und gesehen hat, welche Erkenntnisse sich daraus gewinnen lassen. Oft stecken in den Feedbacks der Kunden konkrete Verbesserungsvorschläge, Hinweise auf systematische Fehlerquellen und sogar Ideen für innovative neue Produkte. Leider vernachlässigen zahlreiche Unternehmen die systematische Auswertung und Nutzung dieser wertvollen Daten – Beschwerden werden oft lediglich als lästig und störend empfunden, statt als Chance zur Weiterentwicklung des gesamten Unternehmens.

Dr. Ratajczak hebt drei zentrale Gründe hervor, warum Beschwerden essenziell sind: Erstens sind sie eine wichtige Quelle für Produktinspirationen, da Kunden oft ungefragt mitteilen, was ihnen fehlt und was sie sich wünschen. Zweitens helfen wiederkehrende Beschwerden dabei, Fehlerquellen zu identifizieren und abzustellen, bevor weitere Kunden betroffen sind. Drittens – und am wichtigsten – tragen sie dazu bei, verärgerte Kunden zurückzugewinnen und an das Unternehmen zu binden. Studien zeigen sogar, dass Kunden, deren Beschwerde professionell gelöst wurde, dem Unternehmen länger treu bleiben und mehr Umsatz generieren als solche, die sich nie beschwert haben – vermutlich, weil sie sich ernstgenommen fühlen.

Gefährlich, so Ratajczak, wird es, wenn Unternehmen versuchen, Beschwerden zu vermeiden, indem sie ihren Kunden keine Möglichkeit zur Rückmeldung bieten oder die Definition von Beschwerden extrem einschränken. Solche Strategien führen dazu, dass verärgerte Kunden abwandern und man als Unternehmen nicht nachvollziehen kann, warum. Beschwerden verschwinden nach außen hin – intern bleiben die Ursachen bestehen und fördern weiteren Kundenverlust. Im schlimmsten Fall wird die Unzufriedenheit sogar öffentlich in sozialen Netzwerken ausgetragen.

Bezogen auf das Ziel „Null Beschwerden und Null Fehler“ gibt es zudem eine organisatorische Gefahr: Solche strategischen Vorgaben werden in großen Unternehmen oft auf alle Ebenen heruntergebrochen und mit Bonusregelungen für Führungskräfte verknüpft. Dadurch entsteht ein enormer Anreiz, Beschwerden zu verschleiern oder umzudefinieren, statt sie offen anzusprechen und zur Verbesserung zu nutzen – was letztlich dem Unternehmen schadet.

Dr. Ratajczak stellt daher klar fest: Fehler und Beschwerden lassen sich nicht auf Null reduzieren, weder technisch noch menschlich. Gerade in komplexen Organisationen und IT-Landschaften treten immer wieder Probleme auf, die erkannt, kommuniziert und behoben werden müssen. Wer Beschwerden verhindert oder weggeschwiegen haben will, gefährdet die Weiterentwicklung und das Überleben seines Unternehmens.

Abschließend ruft Dr. Ratajczak die Zuhörer auf, ihre Meinung zum Thema zu teilen, und verweist auf weiterführende Denkanstöße sowie andere Folgen zu kundenorientierten Fragestellungen.

erschienen in der Folge 7 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak

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Dr. Oliver Ratajczak
Ratgeber für profitable Kundenbeziehungen und gute Unternehmenschemie bei  | oliver@deine-kundenbrille.de | unternehmenschemie.de

Mit über 25 Jahren internationaler Beratungserfahrung unterstützt Oliver mittelständische Geschäftsführer dabei, ihre Profitabilität zu steigern, Innovationspotenziale zu erschließen und wertvolles Wissen im Unternehmen nutzbar zu machen. Sein Fokus: praxisnahe Lösungen, die wirken – nicht nur auf dem Papier, sondern im Tagesgeschäft. Als Keynote-Speaker und Gastgeber des Unternehmenschemie-Podcasts teilt er regelmäßig erprobte Strategien und Impulse aus der Praxis. Du möchtest konkrete Herausforderungen angehen? Dann sprich Oliver einfach an.