Oder “nur” ein beeindruckender KI-Schritt? – Im Gespräch mit Andreas Klug
AI-Evangelist Andreas Klug und Oliver Ratajczak sprechen darüber, wie Chat-GPT den Kundendialiog beeinflussen kann. Ist Chat-GPT die revolutionäre Wunderwaffe oder lediglich ein evolutionärer Schritt in der Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz?
Das Gespräch beleuchtet, wie ChatGPT und künstliche Intelligenz kognitive Aufgaben im Kundendialog übernehmen können, betont aber auch Grenzen und Notwendigkeit menschlicher, emotionaler Interaktion sowie die Bedeutung von Automatisierung angesichts des Fachkräftemangels.
Einleitung: ChatGPT zwischen Hype und Realität
Im transkribierten Gespräch tauschen sich die Gastgeber und der KI-Experte Andreas Klug über die Rolle von ChatGPT und künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich Kundenservice und Unternehmensprozesse aus. Ausgangspunkt des Dialogs ist die Frage, ob ChatGPT eine „Wunderwaffe“ für den Kundendialog darstellt oder lediglich einen weiteren bedeutsamen Schritt in der Entwicklung künstlicher Intelligenz bildet.
Künstliche Intelligenz: Was ist das eigentlich?
Andreas Klug stellt heraus, dass künstliche Intelligenz (KI) die kognitiven Beiträge von Menschen – wie Recherchieren, Zuordnen und Kommunizieren – imitieren und automatisieren kann. KI basiert auf dem maschinellen Lernen: Sie beobachtet menschliche Interaktion, erkennt Muster und reagiert entsprechend, ohne jedoch Zusammenhänge inhaltlich wirklich zu begreifen. So könne KI beispielsweise nach dem Training mit vielen Katzen- und Hundebildern unterscheiden, um welches Tier es sich handelt; ähnliche Prinzipien lassen sich auf sprachbasierte Anwendungen übertragen.
Automatisierung: Chancen und Grenzen
Im Gespräch werden zwei Arten von Wertbeiträgen unterschieden:
- Kognitive Wertbeiträge (z.B. Informationsverarbeitung, Erkennung, einfache Kommunikation): Diese können durch KI automatisiert werden.
- Emotionale Wertbeiträge (z.B. Empathie, kreative Lösungen, Kundenbindung): Hier stoßen Maschinen an Grenzen. ChatGPT agiert letztlich als „Papagei“ und repliziert nur Inhalte, anstatt echte Kreativität oder Mitgefühl zu zeigen.
Automatisierung ist besonders bei wenig geschätzten, repetitiven Aufgaben sinnvoll. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Unternehmen lediglich Personalkosten senken wollen, anstatt die frei gewordenen Ressourcen gezielt für bessere Kundeninteraktion einzusetzen.
Künstliche Intelligenz in geschlossenen & offenen Domänen
Das Gespräch thematisiert die Begrenzung klassischer, regelbasierter KI-Systeme auf geschlossene Domänen (z.B. Standardanfragen bei Versicherungen). Hier können KI-Lösungen zuverlässig und effizient eingesetzt werden. Für offene Fragestellungen – sogenannte „Generelle KI“ – ist hingegen nach wie vor ein erheblicher Entwicklungsfortschritt nötig. ChatGPT hat jedoch mit seiner Sprachverarbeitung bereits ein neues Niveau erreicht: Es kann in vielen Kontexten Antworten liefern, allerdings ohne echtes Verständnis oder kreative Intelligenz.
KI-Einsatz im Kundenservice: Status Quo und Erwartungen
Obwohl ChatGPT als Durchbruch wahrgenommen wird und aktuell für großes Interesse sorgt, ist Andreas Klug überzeugt, dass solche Systeme in den nächsten Jahren im Kundenservice nur unterstützend, aber nicht flächendeckend als vollautomatisierte Lösung eingesetzt werden. Die größten Potentiale sieht er in unterstützenden Aufgaben: etwa der Zusammenfassung von Meetings, Protokollierung von Gesprächen oder Priorisierung von Kundenanliegen.
Gleichzeitig warnt Klug davor zu glauben, dass bald alle Kundenservices automatisch KI-basiert ablaufen. Faktisch setzen erst sehr wenige Unternehmen solche Technologien konsequent ein, da oft grundlegende Strukturen (wie saubere Erfassung und Priorisierung von Anfragen) fehlen.
KI und der Fachkräftemangel
Des Weiteren wird der zunehmende Fachkräftemangel thematisiert: Die Arbeitswelt steht vor der Herausforderung, dass künftig deutlich weniger junge Erwerbstätige zur Verfügung stehen werden. Deshalb sei die Automatisierung kognitiver, standardisierbarer Prozesse keine Option, sondern zunehmend eine Notwendigkeit, um Produktivität und Servicequalität aufrechterhalten zu können.
Anwendungsbeispiele aus der Praxis
Konkrete Praxisbeispiele zeigen, wie KI seit Jahren eingesetzt werden kann, um Kundenanfragen (z.B. Vertragsänderungen bei Versicherungen) zu erkennen, zuzuordnen und dem Kunden automatisiert einen passenden Self-Service anzubieten. Ziel ist es, Routineprozesse zu beschleunigen und nur komplexe oder empathische Anliegen an Menschen weiterzugeben – zur Steigerung von Effizienz und Kundenzufriedenheit.
Datenschutz, Urheberrecht und Missbrauchspotential
Ein weiteres Thema ist der mögliche Missbrauch von KI-generierten Inhalten: Musik, Bilder und Texte können kaum noch eindeutig einem Urheber zugeordnet werden, was neue Herausforderungen für Urheberrecht und Datenschutz bedeutet. Trotz dieser Risiken wird betont, dass man Automatisierung nicht aus Angst vor Missbrauch scheuen sollte.
Ausblick und Fazit
Abschließend sind sich die Gesprächspartner einig: Der Einsatz von KI im Kundendialog und in Unternehmen wird zunehmen und bietet Chancen, die dringend benötigte Produktivität zu steigern. Entscheidend ist jedoch, Automatisierung gezielt und menschenzentriert einzusetzen, sodass Ressourcen für echte Kundenbeziehungen und komplexe Probleme geschaffen werden. ChatGPT war ein wichtiger Katalysator für die öffentliche Diskussion um KI und wird auch in naher Zukunft vielfältige Impulse für die Weiterentwicklung liefern, sowohl für Unternehmen als auch die öffentliche Hand.