IT-Experte Robert Sieber und Dr. Oliver Ratajczak diskutieren, wie interne IT-Abteilungen durch Serviceorientierung, bessere Kommunikation und Verständnis für das Kerngeschäft zum strategischen Unternehmenspartner werden können.

In einem inspirierenden Gespräch beleuchten Dr. Oliver Ratajczak und IT-Service-Experte Robert Sieber zentrale Herausforderungen und Lösungsansätze rund um die interne IT in Unternehmen. Beide Experten verfügen über praktische Erfahrungen sowohl von IT- als auch von Anwenderseite und setzen sich mit einem Thema auseinander, das viele Organisationen betrifft: Die oftmals schwierige Beziehung zwischen IT-Abteilung und den anderen Unternehmensbereichen.

Sieber beschreibt seine Arbeit als „Service-Nerd“ und erklärt, wie wichtig es ist, dass sich die interne IT serviceorientiert ausrichtet. Dies bedeutet, die IT nicht nur als technische Instanz zu betrachten, die Kabel zieht und Server betreibt, sondern als Dienstleister, der die Geschäftsprozesse und Anforderungen aller Beteiligten versteht und sinnvoll unterstützt. Er vergleicht das Angebot der IT mit einer Speisekarte im Restaurant: Statt Fachbegriffe wie „Storage“ oder „virtueller Server“ zu kommunizieren, sollte die IT ihre Leistungen übersetzen – etwa in „Rechnung stellen“ oder „Lohn abrechnen“ –, sodass die Kundinnen und Kunden die Vorteile klar erkennen.

Zentral im Gespräch ist das Thema Kommunikation: Während IT-Verantwortliche oft in einer technischen Sprache kommunizieren, denken andere Abteilungen eher in Prozessen oder Nutzererlebnissen. Dieser Graben erschwert das gegenseitige Verständnis und führt oft zu Frustration und Missverständnissen, etwa wenn IT-Anforderungen abgelehnt oder verspätet umgesetzt werden. Hier empfehlen die Experten, dass IT-Abteilungen ihre Leistungen aktiv „vermarkten“, beispielsweise durch gut gestaltete Self-Service-Portale und klar verständliche Kommunikation. IT-Marketing wird dabei nicht als lautes Werben verstanden, sondern als durchdachte Gestaltung jeder Interaktion – von E-Mails bis hin zur Nutzeroberfläche.

Ein weiteres Schwerpunktthema ist die richtige Personalbesetzung: Serviceorientierung lässt sich schwer ausschließlich „antrainieren“. Sieber empfiehlt, auch Quereinsteiger:innen aus Gastronomie oder Hotellerie in Servicebereichen der IT einzusetzen, da diese oft die nötige Kundenorientierung mitbringen. IT-Expert:innen sollten dort eingesetzt werden, wo ihre Stärken liegen, ohne sie in unpassende Kommunikationsrollen zu zwingen. Das Ziel: ein Team, das kundenorientiert arbeitet, sich aber gegenseitig in den Stärken ergänzt.

Die Rolle der IT verändert sich zunehmend, weg vom reinen technischen Support, hin zum Business-Enabler, der aktiv Unternehmensprozesse mitgestaltet, Anforderungen koordiniert und eine Brücke zwischen Fachbereich und Technik schlägt. Der Servicekatalog, vergleichbar mit einer kreativen und verständlichen Speisekarte, hilft, das Angebot der IT transparent zu machen und die eigenen Leistungen verständlich darzustellen. Die Mitwirkung an der Erstellung des eigenen Servicekatalogs ist laut Sieber unverzichtbar, da nur so die Akzeptanz und die praktische Umsetzung gewährleistet ist.

Die Experten betonen auch den unfairen Wettbewerbsvorteil der internen IT: Sie kennt das Unternehmen, seine Menschen, Prozesse und Geschichte genau. Dieses Wissen kann kein externer Dienstleister bieten – und sollte daher aktiv eingesetzt werden, um passgenaue Lösungen anzubieten. Die Gefahr besteht allerdings darin, dass manche IT-Abteilungen sich nur als Dienstleister für interne Anforderungen begreifen und dabei den Bezug zum Endkunden verlieren, was gerade bei digitalisierten Arbeitsprozessen und Endkunden-Services strategisch riskant ist.

Nicht zuletzt sprechen die beiden über die nötige (Neu-)Definition der IT-Leitung: Ein moderner CIO sollte nicht nur Technik beherrschen, sondern unternehmerisch handeln, Prozesse verstehen, vernetzt denken und bereichsübergreifend Entscheidungen treffen. Der beste Techniker ist selten der beste IT-Leiter. Unternehmen sind gefordert, passende Persönlichkeiten zu suchen und bei Recruiting sowie Zielvereinbarungen mit Nachdruck auf die richtige Ausrichtung und Zukunftsfähigkeit zu achten.

Zum Abschluss steht der Appell: Nur wenn IT und Fachbereiche wirklich zusammenarbeiten, das Gesamtunternehmen und den Endkunden im Blick haben, können sie erfolgreich und zukunftssicher wirtschaften. Der „Feind“ sitzt nicht in der Nachbarabteilung, sondern draußen im Wettbewerb.

Na, hattest du schon mal Stress mit deiner IT-Abteilung? Naja, eher eine rhetorische Frage. Oft gibt es ja manchmal ein bisschen Schwierigkeiten mit IT-Abteilungen, Zusammenarbeiten mit IT-Abteilungen, mit anderen Abteilungen in Unternehmen, kennst du vielleicht. Und genau dafür habe ich heute einen Experten eingeladen, nämlich den Robert Sieber. Der ist heute hier und der ist Experte für Kundenorientierung im Umfeld von IT-Services. Hallo Robert, herzlich willkommen.

Hallo Oliver, vielen Dank für das geile Intro. So hatte ich das auch noch nicht. Aber ich glaube, es stellt die Situation sehr gut wider.

Ja, ich gebe mir Mühe. Ich bin ja jetzt auch schon seit 21 Jahren sozusagen im Business unterwegs. Ich habe damals ja als IT-Berater angefangen. Also die IT-Welt ist mir nicht fremd von mehreren Seiten. Also eben auch von der Kundenseite als auch von der IT-Seite her. Und deswegen finde ich es ziemlich spannend. Ich frage mich gerade mal, wir kennen uns sozusagen, weil wir eigentlich Nachbarn sind, aber nicht wirklich physisch, sondern eher in den IT-Unscharts. Da begegnen sich unsere Podcasts öfter mal. Und irgendwann kamen wir dann ins Gespräch und haben gesagt, lass uns mal reden, weil irgendwie scheinen wir dadurch selber Denke zu haben. Das finde ich ziemlich cool. Erzähl doch mal ein bisschen was über dich. Wer bist du so? Wo kommst du her? Was machst du so?

Ich selber bezeichne mich immer als den Service-Nerd. Soll ein klein wenig darauf hinweisen, worum es bei mir geht. Es geht um die serviceorientierte Ausrichtung eines IT-Unternehmen im Unternehmen, also der IT-Abteilung. Aber das mit dem Unternehmen ist mir schon ganz wichtig. Ich habe es bisher in meinem Berufsleben immer hinbekommen, zwischen einer beratenden Seite und einer konsumierenden Seite zu wechseln. Das heißt, ich bin seit zwei Jahren knapp selbstständig unterwegs mit dem Thema. Davor war ich CIO in einem kleinen Konzern mit 800 Leuten, 20 Unternehmen, habe dafür die zentrale IT aufgebaut. Davor war ich in der Beratung, davor war ich auf der Anwenderseite. Das heißt, auch ich kenne die IT von ganz vielen Seiten Und das macht es ganz besonders spannend für mich.

Anforderungen an IT-Abteilungen sind oft komplexer als man denkt

Das kann ich gut nachvollziehen. Also weil ich glaube, wenn man immer so drin steckt und man macht sein Leben lang IT aus der IT Abteilung heraus, dann hat man halt eine bestimmte Sicht. Im Zweifelsfall auf die anderen Abteilungen, die immer doofe Anforderungen stellen oder nie zufrieden sind oder so.

Ja, Vorsicht, ohne den Nutzer, das wäre viel einfacher. So ein Netzwerk ohne Leute drin, wenn du den Paketen zugucken kannst. Nein, Spaß beiseite.

Herrlich. Manchmal erlebt man das schon, aber das ist teilweise ein bisschen hausgemacht. Auf der einen Seite, wie soll ich sagen, IT ist ja komplex. Oder zumindest gibt es viele Leute, die verstehen nicht ansatzweise, was da passiert, und denken dann immer so, wir hätten euch einen Auftrag gegeben, wir müssen drei Felder jetzt auf diese Bildschirmmaske zaubern. Guck mal, hier in Powerpoint geht das so schnell, wieso brauchst du so lang? Da fehlt öfter mal so komplett das Verständnis dafür, wie komplex so was sein kann. Und das ist ja nicht nur Felder auf einer Bildschirmmaske sind, noch gesinnt, sondern dahinter noch was passieren muss und Datenbanken etc. etc. Das finde ich leider schade. Du hattest gerade von Services gesprochen. Wenn du Services meinst, meinst du so Dienstleistungspakete einer IT?

 

Produkte und Leistung verständlich verpacken: Darauf solltest du achten

Die Speisekarte der IT vielleicht. Trifft es vielleicht eher um den Bildern zu sprechen, weil bleiben wir mal beim Restaurant. Ich habe ja als Restaurantchef, als Koch habe ich ja die Wahl. Entweder ich schreibe Salmon Salat auf die Speisekarte drauf und ernte Gesichter bei den Leuten da draußen, wenn es nicht gerade Angler sind. Hä, was ist das denn? Oder ich schreibe halt drauf „Atlantischer Seelachs mit Pak-Choi-Gemüse und Tandoori-Aroma“. Immer wenn ich etwas erzähle, läuft mir echt wirklich das Wasser im Munde zusammen. Und diese gleiche Entscheidung kann ich ja als IT treffen. Ich kann draufschreiben auf mein Angebot, Storage, WLAN, virtueller Server, oder ich schreibe Dinge drauf wie Rechnungsstellen, Lohn abrechnen. Sprich, ich gebe den Menschen ein Bild mit, was sie mit der Leistung, die ich anbiete, leisten kann. Weil genau das ist, glaube ich, eines der größten Probleme, dieses Kommunikationsproblem. Da redet jemand in Technik, weil er weiß, dass er da der Experte ist und Experten sind ja gut. Und der andere redet in vielleicht Prozessen, wenn wir Glück haben, aber auf jeden Fall in Media Marktpreisen und in Home IT. Und wenn das aufeinanderkommt und beide auf ihrer Seite stehen bleiben, dann haben wir halt dieses Problem. Und deswegen sind diese Services so wichtig. Also mein Angebot. Was leiste ich für dich? Welches deiner Bedürfnisse kann ich bedienen?

 

Rechner einrichten und Kabel umstöpseln oder Projekte und Produktentwicklungen – was sind die Aufgabe moderner IT-Abteilungen?

Dazu, da setzt aber voraus, dass man sich auch ein bisschen mit dem Business sozusagen des gesamten Unternehmens auseinandersetzt. Also ich habe IT-Abteilungen kennengelernt, die sehen als ihre Kernaufgabe, Netzwerkkabel zu ziehen und im Zweifelsfall Server zu bestellen, irgendwas aufzuspielen und vielleicht, wenn die Abteilung das auch gewünscht hat, machen sie auch noch ein Update. Die denken garnicht an so etwas wie Produktentwicklung. Aber was da passiert, das ist ja Fachbereichssache, da habe ich hier nichts mehr zu tun, habe ich öfter gehört.

Das sind die IT-Abteilungen, die es über kurz so nicht mehr geben wird, weil deren Rolle werden Dienstleister einnehmen. Weil diese es wahrscheinlich schneller, besser und günstiger hinbekommen, als das die internen Mitarbeiter, die dann vielleicht auch noch aufgrund des Alters wegsterben. Nee, also die Aufgabe einer IT ist eine ganz andere. Ja, da gehört auch mal Kabel ziehen dazu. Auf jeden Fall, das ist ja keine schlimme Sache. Allerdings sehe ich es als ganz wichtig an, dass es eine funktionale Position im Unternehmen gibt, in der so Dinge wie Prozesse, Digitalisierung, vielleicht auch Qualitätssicherung, auf jeden Fall Security und auf jeden Fall natürlich IT zusammenlaufen. weil die gehören alle zusammen, die arbeiten alle mit denselben Strukturen und werden heute in den meisten Unternehmen an mindestens vier verschiedenen Stellen mit vier verschiedenen Wahrheiten verwaltet.

Genau, und dann vor ein paar Jahren kamen noch die Chief Digitalization Officers und requirements engineering dazu, sozusagen. Die wurden dann eben so drangeflanscht, manchmal ein bisschen an der IT dran, manchmal irgendwo Startfunktion ganz woanders. Ja, aber also wie du schon sagst, das muss halt zusammenspielen. Und das ist eben die große Kunst.

 

Die Position und Wichtigkeit von IT-Abteilungen in Unternehmen

Ich als IT darf mich halt in die Welt meines Gegenübers versetzen, weil wir müssen uns mal die Position der IT im Unternehmen klar werden. Ja, vieles wird IT werden. Ja, Ja, IT-Skills sind ganz wichtig, keine Frage. Aber deswegen bin ich nicht der Nabel der Welt. Der Nabel der Welt ist, wenn dann jemand der Endkunde da draußen, für den wir Produkte herstellen, Dienstleistungen anbieten oder was auch immer machen. Und IT ist ein Produktionsfaktor. Dementsprechend darf ich schauen, was will mein direkter Kunde haben und darf mit ihm in seiner Welt darüber reden. Also nicht Salmon Salah, sondern hier Pak Choi und Tandoori und so.

 

Interne und externe Kunden im Anforderungsmanagement – So gelingt dir die Steuerung von Anforderungen

Aber dazu muss aber genau klar sein wer überhaupt der Kunde ist. Also ist das der Kunde da draußen der Endkunde der im Zweifelsfall die Kreditkarte zückt und irgendwas kauft oder ist das vielleicht die Abteilung die immer irgendwelche Anforderungen ein Ticketsystem klimpert.

Das ist eine gute frage die es gilt in den Einzelfällen. zu beantworten. Aus meiner Sicht gibt es auf jeden Fall immer einen, ich mag das Wort nicht ganz so, internen Kunden. Also es gibt intern jemanden, der beispielsweise die Anforderungen, die Wünsche, die Bedürfnisse der Buchhaltung, des Controllings, der Produktion verantwortet. Und je nachdem, wie weit dann dieser Service reicht, ob er Endkunden relevant ist oder nicht, spielt natürlich auch der Endkunde eine Rolle, der mit der Kreditkarte. Also für so einen total freien internen Anforderungen zu verlassen, ist Selbstmord. Das wird nichts. Da darf ich mir schon die Kunden da draußen anschauen, was die wollen. Aber wenn es darum geht, die Rechnungseingangs-Workflow zu bearbeiten, zu digitalisieren, da ist die Schnittstelle zum Endkunden relativ gering.

Ja, natürlich. Also ich wollte einfach nur sagen, es gibt halt die verschiedenen Kunden, aber manchmal bin ich in IT-Abteilungen unterwegs, die kennen nur einen. Und das ist im Zweifelsfall der Anforderer aus demselben Unternehmen. Und der Anforderer hat aber manchmal überhaupt nicht die Kundenbrille auf, geschweige denn den Fokus. Ich habe das bei einem Finanzkonzern mal erlebt, da war die IT dauernd komplett überlastet, ausgebucht bis die nächsten zwei Jahre. Und die hatten keine Chance, das zu tun. Ich habe mir angeguckt, was tun die eigentlich? Was setzen die um? Also die waren nicht faul am Nase gebohrt, auf gar keinen Fall. Die haben extrem viel gemacht. Aber die ganzen Anforderungen, die sie umgesetzt haben, kamen so gut wie alle aus dem Vertrieb und haben dafür gesorgt, dass die Vertriebsmannschaft schneller ihre Provisionen bekommt. Aber das muss ja nicht das sein, was im Zoll zu einer Kunde will. Und da ist halt ein bisschen was aus dem Ruder gelaufen. Also deswegen wollte ich nur sagen, es ist wichtig, dass man sich bewusst macht, auch wenn es ein interner Kunde ist, kann sein, aber trotzdem irgendwie so. Alles muss man irgendwann beim Kunden draußen aufschlagen, vielleicht, oder darauf einzahlen, dass der sich wohler fühlt.

 

Die Risiken des Anforderungsmanagements – so kannst du sicherstellen, dass dich die richtigen Anforderungen erreichen

Ganz wichtiger Fakt, weil wir machen es ja nicht im luftleeren Raum. Es gibt immer ein backlog und sehr viele Anforderungen von stakeholdern, Anforderungen zur Softwareentwicklung und anderen Anwendungen. Also wir bekommen ja durchaus für IT-Angelegenheit ziemlich viel Geld und dieses Geld möchte ja auch gut angelegt sein. Und wenn ich das dann, tja, wobei Vertrieb und Provision und andere stakeholder sind auch wichtig, aber ganz ehrlich. Aber man muss eine Priorisierung schaffen und die Anforderungen strukturieren

Ja, natürlich. Aber das hat halt komplette Produktentwicklungen lahmgelegt. Die haben nichts in den Markt gekriegt, weil der extrem starke Vertrieb hat halt immer wieder Sachen eingesteuert mit dem Argument, wir sind doch die, die hier das Geld verdienen. Ja und wie so immer im Leben, ich glaube meine letzte Podcast Folge war „256 Shades of Grey“. Es ist halt nicht schwarz und weiß, sondern es sind graue Stufen und Spezifikationen und da muss man bei der Verwaltung von Anforderungen dazwischen im Änderungsmanagement irgendwie einen Mittelweg finden. Manchmal vermisse ich den halt leider, was ziemlich schade ist. Also was machst du denn dann? Du kommst dann zu so einer IT und die sind vielleicht nicht ganz so serviceorientiert, oder haben gar keine Speisekarte. Du besorgst sie, du machst sie mit denen und machst eine Dokumentation.

Ich helfe ihnen dabei, diese zu erarbeiten, weil ich der festen Überzeugung bin, dass so eine Speisekarte, wir nennen das Ganze dann Servicekatalog, dass die nur funktionieren kann, wenn sie durch das Unternehmen, durch die IT zum größten Teil selbst erarbeitet ist. Ansonsten wird das ein typisches Beraterwerk. A) fertig, Haken dran, Rechnung bezahlt, Schublade. Ja, also dafür mir meine Zeit einfach ehrlich gesagt zu schade, auch wenn das jetzt ein bisschen blöd klingt. Ich möchte ja was bewirken da draußen.

Ja, und für die Schublade produzieren, das mag kein Mensch.

 

Wichtige Tools beim Anforderungsmanagement: Die „Speisekarte der IT“

Im Prinzip geht es am Anfang los, dass wir uns überlegen dürfen, wie sieht denn das Geschäftsmodell meiner internen IT aus? Weil da haben die meisten da draußen überhaupt keinen Plan. Warum gibt es mich? Was erwartet mein Kunde von mir? Was wollen die denn haben? Was soll ich denn für die leisten? Soll ich quasi Hausmeister IT sein, die alles macht, was völlig in Ordnung ist? Ist das völlig wertfrei? Oder soll ich der Digitalisierungsbusiness-Enabler sein, der nur noch Provider steuert? Also was wird von mir erwartet? Und darauf beruht ja dann, was brauche ich für Kernkompetenzen? Was brauche ich für Prozesse? Was brauche ich für Leute? Was brauche ich für Systeme? Was brauche ich an Skills im Unternehmen? Und da sind wir beim Operations Model. Und von da nähern wir uns dann so langsam dessen, was die IT macht, den einzelnen Services, die sinnvoll zu schneiden, schön zu beschreiben, sodass der Gegenüber auch versteht, was Salm und Salar ist. Das Ganze ganz wichtig auch zu kalkulieren, also dass ich meine Kosten kenne und dass ich sie vielleicht irgendwann verrechnen kann. Und dann am Ende steht so ein bisschen Marketing, also ein bisschen können wir streichen, da steht Marketing, das was IT heute eigentlich gar nicht macht.

 

Die Außenwirkung einer IT-Abteilung ist ein oft missachteter Faktor

Genau, das da muss ich mal sagen, das finde ich nämlich extrem spannend, weil das habe ich in diversen Projekten anleihern müssen, weil die sich immer verschanzt haben. Es gab gar keine Außenwirkung der IT innerhalb des Unternehmens. In zweites Fall gab es mal ein Ticketsystem oder eine E-Mail aus dem Ticketsystem, was unterschrieben war mit „Ihre IT.“ Punkt. Also kein Herr Müller, kein nix. Hochgrad unpersönlich. Und nach außen getreten sind die halt auch gar nicht. Und die haben auch ihre Leistung nicht verkauft. Die waren halt immer so, irgendwelche Anforderungen wurden über den Zaun geschmissen. Und ja, dann haben die halt so gemacht. Und dann haben die irgendwas zurückgeliefert, was dann nicht so richtig passt, weil sie nicht miteinander gesprochen haben. Also ich halte Marketing für unglaublich wichtig.

Ja, insbesondere wenn uns klar werden, dass Marketing ja jetzt nicht das typisch verkäuferische, marktschreierische „Hier bin ich, das kann ich“ ist, sondern Marketing ist ja auch die bewusste Gestaltung von beispielsweise so einem Selbstserviceportal. Also dass ich das Ding aus Sicht meines Kunden gestalte, dass ich ordentlich formuliere, dass ich die Klickwege so einfach wie möglich halte, alle Informationen biete, zu weitergehenden Informationen Links biete, E-Mails, du hast es angesprochen, auch die sinnvoll zu gestalten, das Employee-Handbuch, den IT-Teil darin ordentlich zu gestalten, das zählt ja alles in IT rein, weil wir dürfen uns überlegen, wo hat denn so ein Nutzer Kontakte mit der IT und dürfen uns dann überlegen, welche davon können wir denn sinnvoll und effektiv gestalten, sodass sie eine große Wirkung erzielen.

Ja und ein guter Freund von mir, der ist Vertriebstrainer, der sagt immer, die Latte für gutes Verkaufen liegt in Deutschland nicht so hoch. Das ist aber bei guter Außenwirkung von IT auch nicht so schwierig, oder? Da sind ja viele einfach Schlimmes gewöhnt. Ich glaube, wenn man da ein bisschen was macht, dann kann man schon Begeisterungsstürme erreichen.

Definitiv. Also ich habe Kunden, die kommen zu mir und sagen, Robert, wir kriegen keine Leute für ein Service Desk. Hm, verstehe ich. So ein normal gestrickter ITler hat da nicht ganz so viel Lust längerfristig da zu arbeiten. Versucht doch mal, euch Menschen aus dem Gastgewerbe zu holen oder aus der Hotellerie. Weil ich glaube, es ist wesentlich… Die Kundenorientierung im Blut ab. Genau, und es ist wesentlich einfacher, denen IT beizubringen, als einem Hardcore-ITler Serviceorientierung, Kundenorientierung.

 

IT und Kundenorientierung vereinen – geht das?

Ist das so? Sollen wir uns einfach aufgeben? Also ITlern, 80 Prozent, denen bringt man keine Kundenorientierung bei? Das hört sich jetzt gerade so an. Provokante Frage.

Wir dürfen gucken, wo ist wer am besten eingesetzt. Also schau in kleinere Unternehmen, da ist jeder mal die Woche dran mit dem Service-Desk, mit Tickets annehmen.

Da weiß man aber auch, nächste Woche ist Schluss, da bin ich wieder raus.

Das ist das eine. Das andere, was dahinter steckt meistens, ist so, die Leute sollen schon hören von den Nutzern direkt, was los ist. Aber wenn ich da jemanden hinsetze, der ist ein super Techniker, der macht seinen Job richtig gut. Er mag es einfach nicht, er kann es einfach nicht an der Stelle. Warum quäle ich den denn damit?

Er hat ja keiner was von. Also die Gegenseite eben auch nicht.

Bitte?

Die Gegenseite eben auch nicht. Also der Kunde hat ja dann auch keinen Spaß mit dem gerade. Also das durfte er nicht.

Also ich darf schon schauen, wo sind meine Menschen richtig eingesetzt, die ich da habe. Und so eine IT-Abteilung, je nach Größe, ist natürlich auch nur die Bandbreite unserer Gesellschaft, die Bankseite der Menschen da draußen und ich darf sehen, wen kann ich sinnvoll am Servicedesk einsetzen. Und häufig, nicht immer, aber häufig ist es so, dass ich halt da Menschen habe, die sich in anderen Positionen einfach besser fühlen und warum soll ich dann nicht im Gastgewerbe und in der Hotellerie?

Also ich bin demnächst, halte ich eine Keynote auf einer Gastgewerbe, sozusagen Gastronomieveranstaltung, ziemlich große Tagung. Und für mich ist das ja so der Inbegriff der Kundenorientierung. Man geht da hin, hat einen schönen Abend, oder es knallt einem einer an der Pizza hin, ohne was zu sagen, und sagt 7,50 Euro. So, bumms. Es ist halt ein riesen Unterschied. Die Leute merken es halt nur gefühlt, keine Ahnung, die merken es halt einfach direkter, wenn der Kunde sauer ist. Kommt das daher? Und bei der IT kann man sich manchmal hinter so einem Ticketsystem verschanzen und dann merkt man es nicht so direkt. Dann fängt das noch der Abteilungsleiter ab, bei dem immer die ganzen Beschwerde-E-Mails aufschlagen.

 

Menschenorientiert vs. Technikorientiert? IT-Abteilungen sollten agil sein!

Ich glaube, das hat was damit zu tun, Augen auf bei der Berufswahl. Ich glaube, wenn ich in die Gastronomie gehe, habe ich ein gewisses Interesse an Menschen, weil ich weiß, als Kellner oder in der Hotellerie, ich habe ganz viel mit Menschen zu tun. Meine Gattin, die ist Physiotherapeutin, die hat sich bewusst dafür entschieden. Sie weiß, dass sie ganz viel mit Menschen zu tun hat und die will denen helfen. Und die Menschen in der Gastronomie oder ein Großteil der, ich glaube, die sind sich sehr bewusst, dass sie da mit ganz vielen Menschen zu tun haben und die wollen das. Dagegen, wenn ich in die IT gehe, habe ich ein größeres Interesse an der tollen Technologie, an Technik, was Neues zu machen, was zu entwickeln, Projekte in einem sauberen Projektmanagement umzusetzen. Ja, Menschen ist okay, komme ich mit klar, aber bitte nicht den ganzen Tag. Ich weiß, das ist jetzt so Stereotyp, aber wenn wir ehrlich sind, finden wir da, glaube ich, mehr dieser Menschen außerhalb der IT als in der IT.

Ja, was ja nicht schlimm ist. Und wie du schon sagtest, da muss man halt die Leute da einsetzen, wo sie halt gut für gemacht sind und Spaß dran haben. Dann hilft es ja halt allen. Finde ich ziemlich spannend. Ich erlebe manchmal außer IT so Prozessoptimierung, die dazu führen, dass die eigenen Prozesse besser werden. Also jetzt zum Beispiel mal Scrum. Also man hat jemand festgestellt, so wir schreiben 400, also die Anforderer schreiben 400 Seiten zusammenwerfen, das über den Zaun, man entwickelt was nach zwei Jahren, gibt man es ab und dann ist halt keiner zufrieden, ist halt blöd, deswegen scrum und man trifft sich häufiger, man arbeitet enger zusammen und alle zwei Wochen gibt es was zu gucken. Die schnelle Variante der Zusammenfassung. Ich erlebe aber, dass da zum Beispiel der Endkunde oft total vergessen wird. Also wenn ich mir viele Apps anschaue oder Web-Applikationen, die es da draußen so gibt, ich bin ja noch jung und dynamisch im Kopf, aber nicht alle, sage ich mal, ich kriege auch schon langsam Anfall, wenn dann der Speicherknopf plötzlich anders heißt, woanders ist, eine andere Farbe hat, die Funktion, die gestern noch so war, nicht mehr gibt oder jetzt was anderes tut, macht mich fertig. Erlebst du das auch?

Naja, wenn wir mal so ein bisschen, ein klein wenig zurückgucken, dann haben wir ja so vier große Buchstaben IT, IL, IT, Infrastructure Library, die da mit einer, Ich sage immer, mit Ideen kommt, was man alles machen könnte, woran man alles denken könnte, wenn man IT-Services anbietet. Und das wird als die heilige Bibel genommen umgesetzt. Man darf und kann diesen Frameworks, Good Practices oder wie auch immer sie sich schimpfen, keine Vorwürfe machen, weil es sind immer Menschen, die die anwenden. Und es steht nirgends im Scrum oder sonst wo, lasse Usability-Tests weg, damit der Partner ihn hat oder Entwickler ihn gerne hätte. Oder halte dich nicht an für UX, also Interface Design. Oberflächen gibt es ja sogar eine DIN-Norm. Halte dich bitte nicht da dran, mach was du willst. Es sind immer Menschen, die das Ganze anwenden. Und eigentlich, das ist ja eigentlich das Spannende, sind die, in Anführungsstrichen, agilen Methoden ja auf schnelles Feedback ausgerichtet. Und zwar vom Endanwender und auf den eigenen Entwicklungsprozess zu reflektieren.

 

Kommunikation im Anforderungsmanagement hebt Silos auf und kann den Unternehmensgedanken stärken

Finde ich prinzipiell gut. Finde ich eigentlich total toll, wenn der Endanwender sozusagen bereit ist, diese Testleistungen zu führen. Wenn man aber sozusagen das Testen zwischendurch wirklich lässt und sagt, das ist jetzt raus, jetzt schicken wir es mal in die breite Masse und dann werden die sich schon melden, wenn denen was nicht passt. Das erlebe ich halt oft. Und dann denke ich so, da fehlt mir eine Stufe des Miteinandersprechens.

Da brauche ich aber als Auftragnehmer in diesem Moment das Standing und auch die Ruzpe zu sagen, nee, sorry, machen wir nicht. Bei uns gehört ein Usability, ein Endnutzer Test dazu, weil ansonsten wird es für dich hinten raus nur teurer und deine Kunden, deine Nutzer werden unzufrieden. Wir gewinnen doch alle an der Stelle.

Ja, genau. Wenn man so weit denkt, dass man sagt, „Wir sind alle ein Unternehmen.“ Und das scheitert ja manchmal an Silos. Da fängt dann jeder an sich selber schön zu rechnen. Und das ist ja egal, was im Zweifelsfall in ’nem anderen Abteilung passiert. Und das ist total ärgerlich. Weil zusammen wird halt ’n Schuh draus. Ja. Und nur gemeinsam kriegt man den Kunden im Zweifelsfall glücklich. Ich mein, das ist ja genau meine Botschaft. Witzigerweise haben wir uns, ich weiß noch gar nicht so lange her, kennengelernt. Aber wie ihr schon merkt, liebe Hörer, uns verbindet hier ein bisschen mehr als nur so ein bisschen IT-Background. Ich finde deine Ansätze ziemlich spannend. Allein, dass du rausgehst, jetzt machen wir mal eine Speisekarte und vergiss das Marketing. Ich mache die Speisekarte auch noch schön und gar so in einer Formulierung, dass der Kunde es verstehen kann. Verrückter Ansatz.

Total verrückt. Wird sich nicht durchsetzen.

Glaub ich sofort, dass es sich durchsetzen wird, weil im Zweifelsfall gibt es hochspezialisierte externe Dienstleister, wie du schon sagst. schon sagst. Und wenn der Fachbereich dauernd zerschellt an irgendeine IT, die nicht will, dann passieren ja verrückteste Dinge. Im Laufe meiner Zeit habe ich auch Kastanien aus dem Feuer holen müssen, wo dann die IT irgendwas geblockt hat. Ewig, bis dann der Marketeingleiter der Hutschnur geplatzt ist und hat dann eine Dienstleistung mit entsprechender Schnittstelle gekündigt und hat gesagt, da ist der Neue, viel Spaß, setzt um. Es war aber nichts dokumentiert und dann musste man innerhalb von drei Monaten einen nicht unwesentlichen Businessprozess nachbauen mit einem anderen. Das ist halt auch Quatsch. Oder einmal hat einfach eine Marketingabteilung ein CRM-System eingeführt im Unternehmen, weil extern gebucht, keine Schnittstellen, nichts abgestimmt. Ja, da wünsche ich mir dann manchmal schon so ein Kontrollgremium, hört sich blöd an, aber einer, der den Überblick hat. Also so was vielleicht wie so ein IT-Architekt oder so.

 

Warum die interne IT einen unfairen Vorteil gegenüber externen Dienstleistern hat

Ja, ich glaube ein Punkt ist ganz wichtig. Die interne IT darf sich bewusst sein, dass sie einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber jedem externen Dienstleister hat, wenn sie das möchte. Und dieser Vorteil ist eigentlich das Wissen um das Unternehmen, seine Menschen, seine Prozesse, seine Geschichte, seine Sprache. Weil das kann ich nehmen, um zielgenau die Services anzubieten, die das Unternehmen braucht, um dann wieder seine Leistung wesentlich besser zu realisieren. Und das ist ein Punkt, darüber sind sich die wenigsten IT-Abteilungen überhaupt bewusst, dass sie diesen Vorteil haben. Die haben immer Angst, der Dienstleister, der macht es vielleicht günstiger, schöner oder besser. Da müssen wir jetzt noch billiger produzieren. Darum geht es Genau. Und der externe Dienstleister, nehmen wir Salesforce, ja, der stellt ihr ein CRM-System hin, keine Frage. Da kann man nicht drüber reden, aber der kann es nicht so schlüsselfertig machen wie der IT-Leiter, wie der CIO, wie seine Architekten, wie seine Business-Analysten.

Ja, aber das hat das wohl doch dem CEO auf dem Golfplatz versprochen, von dem anderen dass das geht mit dem Schlüssel fertig.

Ich glaube, so blauäugig sind die Menschen.

Ich habe ein paar Vertragsverhandlungen mitbekommen, wo ich gedacht habe, „Autsch, autsch, autsch“. Gelegentlich gibt es ein paar meiner Kunden, die schicken mir Verträge zu, bevor sie sowas unterschreiben und sagen, guck mal drüber. Ich erinnere mich an die Zeit, das ist jetzt 20 Jahre her, wo ich selber Software verkauft habe. Da gibt es Formulierungen, die ich heute noch wieder finde, wo ich immer denke, „Autsch, pass mal auf, gerade hier irgendeine Verantwortung umgelastet wird durch unseren Halbsatz, da muss man schon genau hingucken. Und dieses „Ja, wir machen mit der Schlüssel fertig und das ist voll integriert und bla bla bla“ und auch natürlich der Blick auf den Kunden, das höre ich ja immer noch. Also, aber es ist ja oft Quatsch. Entschuldigung.

 

Warum ist Anforderungsmanagement so Vielseitig? – Die Wichtigkeit des Mitwirkens von Auftraggebern.

Es kann eigentlich, also streich bitte das Eigentliche, es kann ohne Mitwirkung des Auftraggebers ja überhaupt nicht funktionieren. Und diese Mitwirkung des Auftraggebers ist aus meiner Sicht am besten angesiedelt in einer Abteilung, die wir heute IT nennen oder in der IT-Funktion im Fachbereich. Das ist ja auch das, was wir immer öfter erleben, dass IT-Funktionen direkt in die Fachbereiche wandern. Nichtsdestotrotz brauche ich noch eine gewisse zentrale Governance und verschiedene andere Dinge, damit das funktionieren kann. Wenn ich das nicht habe und wenn ich mich als Unternehmen, habe ich als CIO live erlebt, sitzt ein Abteilungsleiter mir gegenüber und sagt, Herr Sieber, ich werde Ihnen doch jetzt nicht sagen, was ich für Anforderungen habe, das wissen die Anbieter doch wesentlich besser. Die haben doch schon tausend Projekte gemacht. gemacht. Wir sind Unternehmen XYZ. Wir machen unsere Projekte vielleicht ein ganz klein wenig anders, insbesondere in dem speziellen Bereich, in dem wir sind. Wir sollten schon wissen, was wir haben wollen. Und diese Diskussion ging schon länger. Ja, aber der war nicht mehr lange Abteilungsleiter.

Ja, also aber man muss dazu auch in der Lage sein. Also sich aus einen Posten hinzustellen, so „Liebe Dienstleister, lasst mal kommen, macht mal hier einen Pitch, stellt mir mal was vor und dann suche ich mir das Beste aus oder der da eben am besten präsentiert, vielleicht noch ein bisschen Preis.“ Wenn ich jetzt sage, das ist keine Leistung, ist das vermessen. Aber sich genau zu überlegen, wie soll das konkret funktionieren und was hätte ich denn wirklich gern und was ist bei uns denn wirklich wichtig, was sind die Sonderlaufen, die wir weglassen können und welche eben gerade nicht, das ist schon eine Kunst. Davon erlebe ich Nicht so viele da draußen, die das aufgesaugt haben mit der Mutter Milch und sagen, das muss man machen, sonst geht es in die Hose.

 

Von der Anforderungsanalyse bis zum GoLive – IT-Abteilung sollten die Interessen des gesamten Unternehmens vertreten

Ja, auch das ganze requirements Management und die Anforderungsdokumentation ringsrum um solche Projekte, das ist eine Leistung, die muss sich erbringen. Das fängt vorne bei der Anforderungserhebung beim user an und endet irgendwann mit hoffentlich dem erfolgreichen Go-Live und der Hyper-Care-Phase. Sprich der Zeit nach dem Go-Live, wo noch Probleme auftreten. Und das alleine zu managen, da brauche ich jemanden, der meine Interessen als Unternehmen vertritt. Also ganz starkes Plädoyer für diese IT-Funktion im Unternehmen, allerdings bitte mit einer wesentlich anderen Ausrichtung, als was wir heute haben.

Wie heißt die Funktion? Was steht denn auf der Visitenkarte oder am Büro?

Titel sind für mich Schall und Rauch, Also CDO ist es aus meiner Sicht nicht. Das ist der Chief, ja, das ist der CIO aus meiner Sicht auf jeden Fall, wenn wir an heutigen Titeln denken. Leiterorganisation, weil Unternehmen, in denen an einer Stelle das, was ich vorhin sagte, Security, Digitalisierung, Prozesse, IT und vielleicht auch so Sachen wie Qualitätsmanagement zusammenfließt, diese Stelle und die Unternehmen funktionieren auch. Am besten habe ich die Erfahrung gemacht, bei denen das so in einer Hand ist. Also Leiterorganisation, so was gab es mal früher in ganz vielen Unternehmen.

Genau, da habe ich sofort ein Bild im Kopf. Das will ich jetzt nicht sagen, das ist nah am Hausmeister angesiedelt, aber so gefühlt. Also die Beispiele, die mir da jetzt gerade einfallen. Ich verstehe schon. Also das, was du meinst, diese Stelle ist ja extrem mächtig. Aber es geht ja gar nicht anders. Also wenn man das zersplittert, was soll denn da rauskommen?

Tja, in meiner Welt geht es gar nicht um Macht. Du hast da völlig recht, klar steckt da Macht dahinter. In meiner Welt geht es um die sogenannten Synergieeffekte, die ich dort definitiv habe, wenn ich eine Sicht auf alle Facetten habe und das ist im Sinne des Unternehmens.

Ja, definitiv. Also mir geht es auch nicht um Macht, aber trotzdem geht es vielen Leuten macht und dann so, nee, dann hat der hier großen Headcount, das müssen wir und wir haben ja noch einen, der muss befördert werden, der kriegt ja auch noch ein C. Das habe ich auch schon erlebt. Dann zerspaltet man sowas wieder und besetzt das mit Leuten, die sich nicht leiden können und nicht miteinander reden. Es ist alles anstrengend und nicht wirklich zielführend. Schade. Schade, dabei ist es doch eigentlich so einfach. Man muss ja nur schauen, was können wir gemeinsam erreichen. Und wir als IT sind Dienstleister für den Rest des Unternehmens, aber das Unternehmen muss natürlich mitspielen. Also oft hat der Begriff Dienstleister ja sowas Negatives. Ihr seid Dienstleister, höre ich oft so abwertend.

 

Dienstleister oder Partner? – was ist die tatsächliche Rolle der internen IT-Abteilung?

Ja, das ist auch etwas, was in unserer IT-Service-Management-Bubble diskutiert wird. Die interne IT soll doch gar kein Dienstleister sein, Sie soll Partner auf Augenhöhe sein. Sie soll Enabler sein. Ja, okay. Aber was ist jetzt bei Dienstleistung schlimm? Weil Dienstleister bedeutet für mich, ich stelle all mein Wissen, all meine Kraft in, oder besser gesagt, für den Erfolg meines Unternehmens zur Verfügung.

Also anstrebenswert sozusagen. Also eigentlich nichts Schlimmes. Ich finde das auch nicht schlimm. Aber das kommt halt, glaube ich, daher, das war so eine andere Tendenz in der IT-Abteilung, die ich beobachtet habe, dass – jetzt, oh Gott, jetzt lege ich mich hier an – da wollte keiner so richtig arbeiten. Die wollten alle nur Dienstleister steuern. Und die haben sich dann halt gegängelt und haben die ihre Arbeit machen lassen. Und da ist dann natürlich im Hirn eingebrannt, Dienstleister sind die armen Schweine, denen ich meine Arbeit aufdrücke. Und das will halt keiner.

Ja, auch das Dienstleistermanagement ist eine Sache mit ganz, ganz vielen Missverständnissen. Darüber könnten wir auch noch Minuten sprechen, weil da gehört auch ganz, ganz viel dazu. Das Blödeste, was du machen kannst, ist, deine Dienstleister zu quälen. Du bist auf sie angewiesen und genauso ist es unternehmensintern. Das Unternehmen ist auf die IT angewiesen. Und je besser die funktioniert, umso besser für alle.

Ja, trotzdem werden die jetzt nicht unbedingt immer hofiert. Ich habe eins so ein Bild, das war sehr lustig, aus Japan, glaube ich, wo irgendwelche ITler, die haben immer eine junge Dame an die Seite gestellt bekommen, die sich darum kümmerte, dass es denen gut geht. Die bringt denen Getränke und was zu essen, dann können die in Ruhe programmieren und so. Das fand ich sehr lustig, dieses Bild. Ist ja etwas anders bei uns. Da wird ja manchmal, die werden in den Keller verschoben und dann sollen die gefälligst sehen und die Angst, die IT hat es wieder vermasselt, heißt es dann am Ende. Also eigentlich geht es nur zusammen und das sollte eigentlich jedem klar sein. Und die Welt da draußen wird ja nicht langsamer. Also da muss man schon langsamer zusammenarbeiten.

Ich glaube, das ist der Punkt, auch auf die Gefahr hin, mich jetzt ein bisschen unbeliebt zu machen. Wir brauchen eine neue Generation von IT-Leitern, von CIOs. Der beste Techniker ist nicht gleich der gute, beste IT-Leiter. Das ist so, und das dürfen Unternehmen erkennen. Und sie dürfen schauen, dass sie da Menschen finden mit den richtigen Skills.

Ja, die sind aber besonders zu finden. Da fällt mir jetzt gerade spontan eine andere Podcast-Folge hier ein. Da ging es um Bewerbermanagement, wie Bewerbungen sozusagen oder wie die Personalabteilung. Leute gewinnt, da wird dann irgendwie eine Stellenzeige aufgesetzt von irgendjemandem, der eigentlich gar nicht weiß, worum es da geht. Dann wird das zweimal weichgespült, dann schreibt man das aus, dann kriegt man irgendwelche Leute. Das passt halt nicht, da muss man schon wirklich ganz genau wissen, was der können muss. Und das müssen wir auch genau so versuchen, den einzuwerben, sonst wird das nix. Weil das ist echt eine sehr kritische Stelle.

Definitiv.

 

CIO, CTO, CDO – muss die IT unbedingt in eine Rollenbezeichnung gepackt werden?

Ich hab vor kurzem mal gehört, CIO bedeutet eigentlich sowas wie „Career is over“. Also wenn du da anfängst, ist bald vorbei. Vielleicht muss das ganze Kind dann einen neuen Namen haben. Ist das dann ein CDO? Nein. Wir wissen es nicht, wie er heißt. Aber es ist auch nicht schlimm. Es geht ja gar nicht um Namen. Es geht um Funktion.

Chief Enablement Officer. Ach nee, das E ist auch schon vergeben.

Wie ist es? Ach, das ist ja blöd. Oh, dann gibt es zwei mit E. Ich glaube, über Namen, Etiketten, Visitenkarten, Türbeschriftung kann man immer diskutieren. Es geht, glaube ich, eher darum, wie müsste der sein und was muss der können? Und wie breit muss der im Zweifelsfall gucken? Der muss ja, du sagst, der beste Techniker hilft da nicht. Also der muss ja im Zweifelsfall auch mal ein bisschen sehr weit links und rechts gucken. Also nicht nur im Zweifelsfall, der kommt von der anderen IT, aus derselben Branche, sondern vielleicht mal ganz woanders her. Vielleicht aus einem ganz anderen Land, ganz anderen Branche, hat aber viel gesehen oder sieht immer viel, weil er, keine Ahnung, sonst wo unterwegs ist.

Ich glaube, dieses vernetzte Denken ist halt super wichtig. Definitiv. Also ich glaube, oder nein, das ist kein Glauben mehr, das ist Wissen, weil ich es ja am eigenen Leib erlebt habe. Aus vielen verschiedenen Bereichen Wissen haben, das vernetzen und das zur Geltung zu bringen. Als ich CIO war, wie gesagt, es waren 20 Konzern, nicht 20 Konzerne, es waren Konzerne mit 20 Unternehmen unterschiedlichster Größe. Nach ungefähr einem halben oder dreiviertel Jahr, als ich angefangen hatte, habe ich einen Großteil meiner Zeit damit verbracht, einige dieser Unternehmen zu reorganisieren. Also das hatte nicht mehr viel mit IT zu tun. Nicht mehr ganz, aber nicht mehr viel mit IT zu tun. Warum habe ich das getan? weil mein Vorstand das Vertrauen hatte, dass ich geschäftlich denke, dass ich in einer Prozesswelt arbeiten kann und dass ich dementsprechend Unternehmen ausrichten kann. Und das war für mich ganz faszinierend, das zu beobachten, weil genau da sehe ich die Rolle des CIOs. Wenn der Vorstand dem CIO zutraut, das Unternehmen zu restrukturieren, zu reorganisieren, dann hat er alles richtig gemacht.

Ja, da sind wir auch wieder ein bisschen beim Thema Marketing, weil oft sind die IT-Leiter ja auch nicht wirklich so Außenwirksamkeit stark und sich nicht bewusst, was sie tun und sie stellen ihre Leistungen zwar nicht so heraus. Und schon findet der CEO vielleicht dann den Vertrieb doch irgendwie spannender und die blöde ID versteht man eh nicht. Das hängt halt alles zusammen.

Ja, ist wie immer im Leben, gell?

Ja, ja, verrückt. Ja, gut. Wir haben jetzt mal zwei Leute. Also wir haben einen, der ist so Firmenmogul. Dem gehört ein Firmenimperium und der denkt, irgendwie läuft hier was schief. Dann soll er sich mal bei dir melden und dann redet ihr mal drüber, was man da tun kann. Oder es gibt einen IT-Leiter, der sagt, das gibt mir alles total auf den Wecker, dass meine Mitarbeiter genervt sind, weil die Anforderer dauernd genervt sind. Irgendwie läuft hier total was schief, es gibt dauernde Missverständnisse, dann sollten die sich vielleicht auch bei dir melden.

 

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Du, spricht jetzt aus meiner Sicht nichts dagegen. Es wird auf jeden Fall ein interessantes Gespräch und keiner wird die Zeit des Gesprächs bereuen.

Toll, das ist doch schön. Also es geht mir so ähnlich wie mir hier. Mir hat das Gespräch super viel Spaß gemacht. Was kannst du den Leuten mit an die Hand geben? Wo erreichen die dich? Wo hören die ein bisschen mehr von dir oder sehen oder erleben dich?

Da mit sehen habe ich es nicht ganz so. Bei mir ist es eher das Hören und das Lesen. www.different-thinking.de. Also Andersdenken ist das Motto an der Stelle. Dort finden die Menschen meinen Podcast zum Thema Service Management. Dort finden die Menschen auch Hinweise auf meine Angebote, die ich habe. Ansonsten nach meinem Namen googeln ist auch immer ganz hilfreich. Aber der beste Start ist die Webseite different-thinking.de.

Cool, oder eben der Podcast. Ja, also Robert, ich danke dir. Es hat mir super viel Spaß gemacht. kurzweiliges Gespräch und ich hoffe mal inständig, dass wir den Hörern so ein bisschen das Gefühl mitgegeben haben, vielleicht sollte ich nicht immer auf die IT schimpfen, sondern vielleicht sollte ich einfach mal ein bisschen gucken, wie ich das mehr harmonisieren kann hier mit denen und andersrum den Kollegen in der IT, vielleicht sollten die nicht immer auf den Fachbereich schimpfen, sondern mal überlegen, wie sie es gemeinsam hinkriegen. Weil der Feind sitzt im Zweifelsfall da draußen, nicht in einer anderen Abteilung des eigenen Unternehmens, sage ich mal so. Und da weiß man schon mal ein bisschen. Ja, was glaubst du, was ich meine? Also ich habe Sachen erlebt, da gab es solche verfeindeten Abteilungen, das war sensationell. Da hat die eine Abteilung immer Meetings gemacht und einen Abteilungsleiter eingeladen an dem Tag, wo sie wussten, dass er eigentlich immer Homeoffice hat, um ihn zu ärgern. Also so ein Scheiß. Wo du denkst, Mann, Mann, Mann, also das ist nicht das Problem. Da draußen gibt es einen Wettbewerber, der euch gerade ans Bein pinkelt, das ist das Problem. Also Feind will ich jetzt nicht sagen, nennen wir sie Mitstreiter.

Mit Betonung auf Streit, wunderbar. Oliver, auch dir ganz, ganz vielen Dank für das wirklich kurzweilige Gespräch. Ja, und ich glaube, es ist ganz wichtig, gemeinsam das Unternehmen im Blick haben und nicht das eigene Portemonnaie, nicht die eigene Abteilung, nicht die eigenen Ziele, sondern das Unternehmen und den Endkunden da draußen. Das ist, glaube ich, was, was uns hier sehr verbindet.

Ja, das stimmt. Ich habe mal einen kennengelernt, das war ein IT-Architekt eines großen Konzerns. Der hat mich irgendwann angerufen und gesagt, Oliver, ich habe hier ein Problem. In meinen Zielen steht Folgendes. Wenn ich das tue, wird unsere Firma in drei Jahren richtig Stress kriegen. Wenn ich das nicht tue, kriege ich drei Gehälter weniger. Und er hat sich dafür entschieden, das nicht zu tun, hat die drei Gehälter sein lassen, wo sie waren, weil er sagte, das ist einfach nicht sinnvoll, das zu entscheiden. Punkt. Und davon wünsche ich mir mal ein paar mehr.

Definitiv, da brauchen wir ganz viele davon. Insbesondere, dass sie die Ziele dann gleich gar nicht unterschreiben.

Ja, wie das immer so ist, keine Zeit, schnell, Stress, ja komm, noch eben schnell Ziele und so. Damit können wir, glaube ich, auch noch zwölf andere Folgen füllen, was vielleicht passieren wird. Weil ich glaube, das ist ein entspannendes Umfeld mit dir. Ich danke dir und sag mal bis bald.

Danke, tschüss.

Tschüss.

erschienen in der Folge 120 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak

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Dr. Oliver Ratajczak
Ratgeber für profitable Kundenbeziehungen und gute Unternehmenschemie bei  | oliver@deine-kundenbrille.de | unternehmenschemie.de

Mit über 25 Jahren internationaler Beratungserfahrung unterstützt Oliver mittelständische Geschäftsführer dabei, ihre Profitabilität zu steigern, Innovationspotenziale zu erschließen und wertvolles Wissen im Unternehmen nutzbar zu machen. Sein Fokus: praxisnahe Lösungen, die wirken – nicht nur auf dem Papier, sondern im Tagesgeschäft. Als Keynote-Speaker und Gastgeber des Unternehmenschemie-Podcasts teilt er regelmäßig erprobte Strategien und Impulse aus der Praxis. Du möchtest konkrete Herausforderungen angehen? Dann sprich Oliver einfach an.