Die Folge beleuchtet, warum Stammkunden nicht nur Vorteile bringen, sondern für Unternehmen auch Risiken wie steigende Ansprüche, hohe Erwartungshaltung und die Gefahr der Betriebsblindheit mit sich bringen können.

In dieser Folge dreht sich alles um die oft übersehenen Schattenseiten von Stammkunden. Auch wenn sie das Rückgrat vieler Unternehmen bilden, loyale Stammkunden sind nicht automatisch immer und ausschließlich ein Segen – sie können das Geschäft durchaus auch vor große Herausforderungen stellen. Der Moderator argumentiert, dass Stammkunden in der Regel sehr gut informiert sind, sich intensiv mit den Produkten und Dienstleistungen befassen und selbst kleinste Veränderungen in Qualität, Service oder sogar im Betriebsklima schnell wahrnehmen. Ihre höhere Erwartungshaltung birgt für Unternehmen die Gefahr, dass selbst kleine Schwankungen negativ auffallen und die Kundenbindung ins Wanken gerät.

Ein weiterer Aspekt ist das Phänomen, dass – selbst bei konstanter oder steigender Qualität – die Langeweile zuschlagen kann. Der Mensch sucht natürlicherweise nach Abwechslung (Variatio delectat): Auch hochzufriedene Stammkunden könnten sich irgendwann einfach deshalb abwenden, weil sie neue Erfahrungen machen wollen. Dies betrifft nicht nur Konsumgüter, sondern auch spezialisierte B2B-Produkte. Unternehmen sollten sich daher nicht auf ihren bisherigen Erfolgen mit Stammkunden ausruhen, sondern regelmäßig nach neuen Impulsen, kleinen Innovationen und emotionalen Anknüpfungspunkten suchen, um die Bindung frisch zu halten. Jedoch warnt der Moderator: Wer zu häufig und zu stark versucht, Wünsche einzelner Stammkunden zu erfüllen, läuft Gefahr, das Profil des eigenen Angebots zu verwässern. Ein ehemals klar positionierter Spezialist kann so ungewollt zum beliebigen Durchschnittsanbieter werden, was wiederum die eigene Marktposition schwächt.

Steigende Erwartungen stellen ein drittes Risiko dar: Stammkunden erwarten mit der Zeit immer mehr und immer besseren Service. Will man diese immer weiter steigenden Ansprüche erfüllen, kann das schnell unwirtschaftlich werden. Es wird häufig beobachtet, dass Unternehmen an langjährigen Kunden festhalten und diesen Aufwand auf sich nehmen, obwohl der Deckungsbeitrag vielleicht längst nicht mehr stimmt – teils in der Hoffnung, dass sich die Rechnung über Jahrzehnte wieder ausgleicht. Der Moderator empfiehlt, vielmehr klar zu definieren, in welcher „Lebensphase“ eines Kunden man tatsächlich betreuen will – nicht jeder Kunde sollte ein Leben lang gehalten werden. Manchmal ist es sogar sinnvoll, Kunden aktiv zu verabschieden oder an Wettbewerber zu empfehlen, insbesondere wenn die Beziehung belastend und wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist. Dies kann für beide Seiten entlastend wirken und hat mitunter sogar den Effekt, dass der ehemalige Stammkunde nach unerfreulichen Erfahrungen bei anderen Anbietern zurückkehrt und die Wertschätzung für das ursprünglich gebotene Angebot steigt.

Die abschließende Quintessenz lautet: Unternehmen sollten bewusst entscheiden, wie lange und unter welchen Bedingungen sie für welche Kundengruppen verantwortlich sein wollen, anstatt sich rein von der Idee ewiger Stammkunden leiten zu lassen. Weder gibt es ein universell richtiges noch ein grundsätzlich falsches Vorgehen – wichtig ist, die eigenen Kundenbeziehungen aktiv und reflektiert zu steuern und dabei wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht aus den Augen zu verlieren.

erschienen in der Folge 82 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak

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Dr. Oliver Ratajczak
Ratgeber für profitable Kundenbeziehungen und gute Unternehmenschemie bei  | oliver@deine-kundenbrille.de | unternehmenschemie.de

Mit über 25 Jahren internationaler Beratungserfahrung unterstützt Oliver mittelständische Geschäftsführer dabei, ihre Profitabilität zu steigern, Innovationspotenziale zu erschließen und wertvolles Wissen im Unternehmen nutzbar zu machen. Sein Fokus: praxisnahe Lösungen, die wirken – nicht nur auf dem Papier, sondern im Tagesgeschäft. Als Keynote-Speaker und Gastgeber des Unternehmenschemie-Podcasts teilt er regelmäßig erprobte Strategien und Impulse aus der Praxis. Du möchtest konkrete Herausforderungen angehen? Dann sprich Oliver einfach an.