Oliver beschreibt offen die Fehler und Erkenntnisse aus seinem größten geschäftlichen Scheitern, dem Aufbau und Ende einer kreativen Onlineplattform, und teilt wertvolle Lehren für unternehmerisches Handeln.
In dieser Folge berichtet Oliver Ratajczak sehr offen und authentisch von seinem größten geschäftlichen Scheitern: dem Aufbau einer Onlineplattform für Kunst, Design und Handwerk Mitte der 2000er Jahre. Während meist nur über Erfolge gesprochen wird, betont Oliver den Wert, aus den Fehlern zu lernen – gerade auch aus denen anderer. Inspiriert von sogenannten „Fuck-up-Nights“, bei denen Unternehmerinnen in kurzer Zeit ihre größten Misserfolge teilen, stellt Oliver seine eigene Geschichte und die daraus gewonnenen Erkenntnisse vor.
Sein unternehmerischer Weg begann schon früh in den 1990ern, als er mit Kommilitonen eines der ersten E-Commerce-Unternehmen Deutschlands gründete. Die Erfahrung und technisch-organisatorisches Wissen kamen ihm später zugute, als er zusammen mit seiner damaligen besten Freundin die Idee entwickelte, eine Plattform für besondere Produkte aus Kunst und Design zu schaffen. Die Plattform, deren visuelles Erscheinungsbild stark auf eine weibliche Zielgruppe zugeschnitten war, startete mit wenig Kapital (das aus dem Verkauf einer Domain an Verdi stammte), aber mit viel Herzblut und Zeit.
Das Gründerteam legte von Anfang an höchsten Wert auf Qualität. Nur ausgewählte KünstlerInnen und Produkte wurden auf der Plattform zugelassen – jeder neue Beitrag wurde von einer kleinen Jury bewertet. Die Plattform wurde liebevoll und detailreich gestaltet, von persönlicher Begrüßung bis zu kreativen Features wie eigene Klingeltöne. Doch trotz dieser Begeisterung für das eigene Projekt und aller Kreativität gab es maßgebliche Fehler, die zum Scheitern führten.
Oliver benennt vier zentrale Fehler, aus denen er gelernt hat:
1. Überhöhte Qualitätsstandards: Das Team ließ nur sorgfältig ausgewählte Anbieter auf die Plattform, während der spätere Konkurrent „DaWanda“ eine ungleich größere Masse an Teilnehmern zuließ und durch schiere Auswahl Reichweite und Wachstum deutlich beschleunigte.
2. Zu viel Eigenbegeisterung: Das Gründerpaar war so sehr im eigenen Projekt vertieft, dass sie den Blick für Alternativen und für das Wettbewerbsumfeld zu spät schärften.
3. Unterschätzung der Zielgruppe: Künstlerinnen und Designerinnen hatten nur wenig Interesse an Vertrieb, was die Aufbauarbeit immens erschwerte.
4. Zu früh am Markt: Viele Rahmenbedingungen – von der Akzeptanz kreativer Onlineplattformen bis hin zu den technischen Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Banken – waren zur damaligen Zeit noch nicht gegeben.
Letztlich musste Oliver das Projekt einstellen, nachdem der starke Wettbewerber den Großteil des Marktes erobert hatte. Trotz aller Rückschläge und emotionalen Momente zog das Team wichtige Lehren. So war das intensive Zusammenspiel aus zeitlichem Engagement, Kreativität und Herausforderungen letztlich auch die Grundlage für die spätere, private Beziehung der Gründer, die heute ein Ehepaar sind und weiterhin als Selbstständige tätig sind.
Finanzielle Gewinne waren aus heutiger Sicht gering – pro investierter Stunde entstand kaum ein nennenswerter Lohn. Dennoch sieht Oliver einen enormen Wert darin, Fehler selbst zu machen, aber auch die Geschichten anderer aufmerksam zu verfolgen, um eigene Wege besser zu finden. Wichtig ist für ihn der Mut, Projekte einfach auszuprobieren und dabei bereit zu sein, zu lernen und auch zu scheitern. Statt sich auf die „Sicherheit“ von Festanstellungen zu verlassen, setzt er auf Selbstständigkeit und sieht das Internet nach wie vor als günstige Spielwiese für neue Ideen.
Abschließend bestärkt Oliver alle Zuhörerinnen, auch unperfekte Ideen mutig anzugehen, die Möglichkeiten des Digitalen zu nutzen, Fehler als wertvolle Lernmomente zu schätzen und den eigenen Weg konsequent weiterzugehen – denn, so sein Beispiel, am Ende kann sogar das größte Scheitern zu persönlichem Glück und langfristigem Erfolg führen.
erschienen in der Folge 43 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak
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