Die Folge beleuchtet, wie zeitgemäßes Personalmanagement funktioniert, warum Unternehmen sich heute bei Mitarbeitenden bewerben müssen und wie ein professioneller, menschlicher Recruiting-Prozess abläuft.
In dieser Episode diskutieren Dr. Oliver Ratajczak und Diana Roth, Expertin und Herzblut-Personalerin, die Herausforderungen und Missstände im modernen Personalmanagement. Roth beschreibt, dass das Verständnis vieler Unternehmen noch nicht ausgereift sei. Häufig herrscht die Haltung vor, Bewerber müssten für eine Anstellung dankbar sein, anstatt dass Unternehmen aktiv um Talente werben. Dieses alte Denken steht dem aktuellen Arbeitsmarkt entgegen, in dem sich die Rollen längst verschoben haben und sich Betriebe mehr um potenzielle Mitarbeitende bemühen müssen.
Zentrale Kritikpunkte sind unpersönliche, automatisierte Recruiting-Prozesse, insbesondere in Großkonzernen. Viele Bewerbungsverfahren sind so gestaltet, dass sie Kandidaten eher abschrecken als einladen: langwierige Online-Formulare, fehlende persönliche Ansprechpartner und anonyme Rückmeldungen durch automatische E-Mails. Hier verlieren Unternehmen wertvolle Talente, während sie gleichzeitig über Fachkräftemangel klagen. Frau Roth betont den Unterschied zu kleineren und mittleren Unternehmen (KMUs), in denen Personalprozesse oft persönlicher und individueller ablaufen und Bewerbungen noch manuell gesichtet und gezielt beantwortet werden.
Ein zentrales Element zeitgemäßen Personalmanagements ist für Roth die Dienstleistungsmentalität und Begegnung auf Augenhöhe – nicht nur gegenüber Kunden, sondern auch gegenüber Mitarbeitern, Führungskräften, Bewerbenden und externen Stakeholdern. Sie beschreibt detailliert, wie professionelle Personalverantwortliche strukturiert und effizient vorgehen: Zuerst erfolgt eine ABC-Triage der Bewerbungen anhand klar gewichteter Anforderungsprofile. „C“-Kandidaten erhalten zügig Absagen, „B“-Profile werden warmgehalten und „A“-Profile werden dem Vorgesetzten präsentiert, der endgültig entscheidet. Dabei liegt die Hauptarbeit in der sorgfältigen Vorauswahl – ein Job, der Professionalität und Erfahrung erfordert.
Moderator und Gast diskutieren, wie Digitalisierung helfen kann, Prozesse zu verschlanken – mahnen jedoch, dass schlechte Prozesse durch Digitalisierung nicht besser, sondern nur schneller falsch werden. Künstliche Intelligenz sollte den Menschen nicht vollständig ersetzen, sondern Prozesse unterstützen, wo sinnvoll. Persönlichkeit, Menschlichkeit und eine individuelle Ansprache dürfen dabei nicht verloren gehen.
Innovative Personalgewinnung bedeutet zudem, offen für neue Wege zu sein, wie zum Beispiel Mini-Videos, in denen Vorgesetzte sich und die vakante Position vorstellen. Solche kreativen Ansätze erleichtern es, passgenaue Bewerber anzuziehen und setzen positive Signale bezüglich Unternehmenskultur und Wertschätzung. Besonders betont wird, dass der Bewerbungsprozess zur jeweiligen Stelle und Zielgruppe passen muss – beispielsweise ist ein Video von Bewerbenden nicht für jede Position geeignet, etwa wenn Introvertierte gesucht werden.
Im Bereich Personalentwicklung verweist Roth darauf, dass Entwicklung nicht immer hohe Kosten verursachen muss. Viele Maßnahmen, wie Projektverantwortung oder die Förderung zum Stellvertreter, benötigen vielmehr Bereitschaft und eine investierende Haltung. Werden Mitarbeitende jedoch nicht entwickelt, verliert das Unternehmen langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit.
Zum Abschluss gibt Diana Roth mit, dass Personalmanagement kein Nebenbei-Job ist, sondern eine Kompetenz benötigt, die gelernt und im Alltag mit Herzblut gelebt werden muss. Wer professionell, menschlich und mit klarer Struktur vorgeht, verbessert nicht nur die Qualität der Mitarbeitenden, sondern das gesamte Betriebsklima – von der Einstellung über die Entwicklung bis hin zum Austritt.
erschienen in der Folge 71 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak
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