So funktionieren personalisierte Customer Journeys auf der Basis von Small Data! Vom ewigen Versprechen zur Praxis! Im Gespräch mit Stefan Kolle von futurelab – exklusiv im Blickwinkel KUNDE Podcast

Im Gespräch geht es um die Herausforderungen und Chancen bei der Personalisierung von Customer Journeys, wobei praxistaugliche Small Data-Lösungen im Zentrum stehen, um Kundenerlebnisse gezielt, empathisch und effizient zu gestalten.

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Einleitung und Grundproblem

Das Gespräch thematisiert die Schwierigkeiten moderner Unternehmen dabei, echte, personalisierte Customer Journeys zu gestalten. Ursprünglich war der persönliche Draht – wie etwa bei Tante Emma im kleinen Laden – selbstverständlich. Heute, mit Millionen Kunden, gilt es, mittels Technik und Datenanalyse ähnliche, individuelle Erlebnisse zu ermöglichen. Dies führt jedoch in der Praxis oft zu komplexen und teuren Big Data-Projekten, die die eigentliche Interaktion mit dem Kunden aus dem Fokus verlieren.

Von der Theorie zur Praxis: Warum Big Data scheitert

Viele Unternehmen streben nach dem idealen 360°-Kundenblick durch riesige Datenmengen und komplexe Systeme, doch häufig bleibt echte Kundenorientierung dabei auf der Strecke. Statt wirklicher Personalisierung bekommen Kunden unpassende Kaufvorschläge oder werden durch Retargeting genervt. Beispiele wie Amazon und seine aggressive Werbestrategie verdeutlichen dieses Dilemma. Gleichzeitig gibt es positive Beispiele wie Spotify oder Netflix, deren datengetriebene Vorschläge zwar besser als die Masse sind, aber dennoch ihre Grenzen zeigen (z.B. bei zu eindimensionalen Vorschlägen).

Personas vs. Persönlichkeit: Wo echte Personalisierung beginnt

Die Nutzung von Personas (typisierte Zielkunden) reicht oft nicht aus, wie das Beispiel zweier völlig verschiedener britischer Persönlichkeiten mit identischem soziodemografischem Profil (Prince Charles und Ozzy Osbourne) zeigt. Die persona-basierte Ansprache versagt, wenn die individuelle Persönlichkeit und die jeweilige Situation des Kunden nicht erfasst werden. Häufig führen statische Einteilungen in Altersgruppen oder Generationen in die Irre, da sich reale Kundenwünsche und -verhalten im Detail unterscheiden.

Small Data statt Big Data: Der empathische Ansatz

Small Data fokussiert auf konkrete, aussagekräftige Informationen und Beobachtungen über den Kunden, die im persönlichen Kontakt, durch gezielte Fragen oder Verhaltensbeobachtung gesammelt werden können. Beispiele dafür sind kurze, gezielte Fragen beim Kontakt oder Touchpoint, einfache Auswahlspiele oder Rückmeldungen, die direkt nutzbar sind. Das reicht von Fragen im Autohaus über die Abfrage der Dringlichkeit eines Kundenanliegens im Contact Center bis hin zur Beobachtung des eigenen Einkaufskorbs.

Integration in die Praxis: Mitarbeiter, Beobachtung und Technologie

Mitarbeiter werden explizit als Wissensquelle genutzt. Sie können Eindrücke und Beobachtungen in Echtzeit mitteilen, ergänzt durch Feedback-Optionen für Kunden, etwa direkt per App oder Touchscreen. Sentimentanalysen (z.B. durch Sprachnachrichten oder automatisierte Transkripte) liefern zusätzlich wertvolle Hinweise auf Bedürfnisse, Zufriedenheit und Stimmung der Kundschaft.

Fallbeispiel Automotive: Personalisierung am Touchpoint

Im Automobilsektor wurde erfolgreich ein Modell eingeführt, bei dem Kunden durch wenige gezielte Fragen ihrem „Touchpoint Personality“-Typ zugeordnet werden. Dadurch können Mitarbeitende individuell, situativ und effizient reagieren – etwa indem der passende Verkäufer zum richtigen Kundentyp führt. Die Folge: messbar mehr Verkäufe und eine bessere Kundenerfahrung, ohne langfristig aufwendige Big Data-Investitionen.

Grenzen, Datenschutz & ethische Fragestellungen

Neben Chancen gibt es auch klare Grenzen: Personalisierung darf nicht zur Grenzüberschreitung werden. Beispiele wie die Target-Schangerschaftsprognose oder Anticipatory Shipping zeigen die Risiken. Die Bereitschaft, Daten zu teilen, ist individuell und muss respektiert werden. Unternehmen müssen Kunden die Möglichkeit zum Opt-in bieten und auf Datenschutz achten.

Pragmatismus und Startpunkte: Lieber anfangen statt perfektionieren

Die Empfehlung lautet, mit den vorhandenen Daten und einfachen Methoden zu starten, das 80/20-Prinzip zu nutzen und gezielt dort personalisierte Ansprache auszubauen, wo sie am meisten bringt – statt auf komplexe, langwierige IT-Projekte zu warten. Kleine Maßnahmen wie gezielte Kundenfragen, die Beobachtung des Kundenverhaltens oder die Einbindung von Mitarbeiterfeedback liefern oft schnell handfeste Ergebnisse.

Fazit

Der Schlüssel zu echter Personalisierung in der Customer Journey liegt nicht in möglichst komplexen Big Data-Ansätzen, sondern in der Kombination aus gezieltem Small Data, Empathie, Situationsbezug und dem Mut, einfach und pragmatisch anzufangen. Schrittweise entstehende, individuelle Profile helfen, Kundenbeziehungen auf ein neues, partnerschaftliches Niveau zu heben, ohne Unternehmensressourcen unnötig zu strapazieren.

erschienen in der Folge 146 im Unternehmenschemie-Podcast von und mit Dr. Oliver Ratajczak


WER SCHREIBT UND SPRICHT HIER?

Dr. Oliver Ratajczak
Ratgeber für profitable Kundenbeziehungen und gute Unternehmenschemie bei  | oliver@deine-kundenbrille.de | unternehmenschemie.de

Mit über 25 Jahren internationaler Beratungserfahrung unterstützt Oliver mittelständische Geschäftsführer dabei, ihre Profitabilität zu steigern, Innovationspotenziale zu erschließen und wertvolles Wissen im Unternehmen nutzbar zu machen. Sein Fokus: praxisnahe Lösungen, die wirken – nicht nur auf dem Papier, sondern im Tagesgeschäft. Als Keynote-Speaker und Gastgeber des Unternehmenschemie-Podcasts teilt er regelmäßig erprobte Strategien und Impulse aus der Praxis. Du möchtest konkrete Herausforderungen angehen? Dann sprich Oliver einfach an.